Vernetzung

Resilienz – Was wir mit Permakultur aus der Corona-Krise lernen können

Alles ist mit allem verbunden. Das gilt umso mehr in unserer globalisierten Welt. Sichtbar wird das vor allem in Krisensituationen, wie jetzt mit der Corona-Krise. Was können wir daraus lernen? Wie können wir in einem hochvernetzten Alltag trotzdem für Sicherheit sorgen? Die Permakultur kann uns auch für diese Fragen gute Antworten liefern.

Resilienz beschreibt die Fähigkeit von Systemen, also zum Beispiel der Gesellschaft in der wir tagtäglich leben, externe Veränderungen aufzufangen und zu integrieren. Ein Beispiel: Ein resilientes Gesundheitssystem mit seinen Krankenhäusern, Intensivbetten, Ärzten und Pflegepersonal sowie der ganzen Ausrüstung ist so anpassungsfähig, dass es seine Kapazitäten an neue Herausforderungen anpassen kann und benötigte Beatmungsgeräte usw. schnell bereitstellen kann. Ich finde die Resilienz ist ein toller Begriff, weil sie den Fokus auf die Anpassungsfähigkeit und nicht Widerstandsfähigkeit legt, wie bei der Resistenz.

Nun aber wieder der Bogen zur Permakultur: In der Permakultur geht es eigentlich immer darum resiliente Systeme aufzubauen. Was können das für Systeme sein? Ein sicherlich häufig genanntes Beispiel ist das Ökosystem Garten. Im Gegensatz zu einer klassischen Gartenplanung im Garten- und Landschaftsbau wird bei der Permakultur hier sehr darauf geachtet, dass alle Elemente (z.B. Kräuterspirale, Hochbeete, Teiche usw.) sich gegenseitig unterstützen und ähnlich wie bei einer Pflanzengilde viele Vorteile für alle Beteiligten entstehen. Der große Vorteil: Bei Veränderungen der Umwelt des Systems ist es im Idealfall in der Lage sich daran anzupassen und trotzdem weiter zu funktionieren, also in unserem Ökosystem Garten weiter Erträge zu liefern, obwohl es Mal längere Zeit nicht regnet oder alle Nachbargärten von Schädlingen überfallen werden.

Eine Geschichte über die Ernährungsversorung in der Stadt

Diese Idee des resilienten Systems kann ich auch auf andere Ebenen übertragen, z.B. die einer ganzen Stadt und ihrer Ernährungsversorung. Warum wähle ich ausgerechnet dieses Beispiel? In der Corona-Krise geht es doch hauptsächlich um das medizinische System? Nun, darüber wird schon sehr viel berichtet und vermutlich geht es dir wie mir: das ganze Thema ist zwar wichtig und relevant für uns alle, aber irgendwann möchte ich mich auch mal wieder mit was anderem beschäftigen. Deshalb will hier darauf eingehen wie wir unser genau so vernetztes und globalisierte Nahrungsmittelversorgung wieder ein Stück weit in unsere Hände bekommen können.

Wie ich in einem anderen Beitrag schon dargestellt habe fahren täglich hunderte von LKW-Ladungen in unsere Städte, um uns alle mit Lebensmitteln zu versorgen. Kein Wunder: Mittlerweile leben über dreiviertel der deutschen Bevölkerung, also 62 Millionen Menschen in deutschen Städten. Um Mal zu verdeutlichen wie viel Lebensmittel in einer LKW-Ladung transportiert werden, will ich an dieser Stelle kurz eine kleine Geschichte eines Bekannten aus Dresden weitererzählen. Über Foodsharing-Kontakte hat er letzten Sommer von einem LKW gehört, der aufgrund eines Kühlungsausfalls seine ganze Ladung nicht mehr beim Supermarkt abgeben durfte. Der Inhalt: Palettenweise saftige, schmackhafte und reife Tomaten. Anstatt die Tomaten wegzuwerfen, wie es heute ja leider häufig passiert, entschied sich die Spedition bei Foodsharing anzufragen und gab dem Netzwerk genau 5 Tage Zeit, so viele Tomaten wie möglich zu retten.

An dem Punkt der Geschichte dachte ich mir “Was für ein Glücksfall! Ich liebe Tomatensauce. Was gibt es besseres als frische Tomaten, um sich Sauce für den Winter einzukochen?” Leider hatte ich die Dimensionen ein wenig unterschätzt. Als ich nämlich diesen Gedanken anmerkte, machte er mir deutlich, dass er dies zu Beginn auch dachte und erst mit der Zeit die Dimensionen des Vorhabens realisierte. Trotz über 20 eifrigen Tomatensaucen-EinkocherInnen und zahllose über Monate gesammelte gesammelte Einmachgläser schafften sie es bei weitem nicht die schiere Menge an Tomaten zu bewältigen. Zum Schluss entschieden sie sich dann bei einer gemeinsamen Aktion in einem Dresdner Gemeinschaftsgarten die Tomaten an die Dresdner Stadtbevölkerung zu verschenken und es blieben trotzdem welche übrig, die leider auf dem Komposthaufen landen mussten.

Kreative Möglichkeiten einer resilienteren Ernährungssicherung

Die Moral von der Geschicht’: Die Stadtbevölkerung ist unfassbar abhängig von Lebensmittelimporten vom Land oder aus dem Ausland. Sollte sich eine Krise ereignen, die sich stärker auf die Lebensmittelversorgung auswirken könnte als das Corona-Virus (z.B. durch andauernde Dürren, Hitzewellen, Starkregenereignisse in großer Zahl – werden laut des Weltklimarats IPCC durch den Klimwandel immer wahrscheinlicher) sind die Städte nicht in der Lage sich anzupassen und deshalb nicht resilient. Dabei gibt es gute Lösungen das bei sich zu Hause mit Permakultur zu ändern, ohne gleich als “Prepper” abgestempelt zu werden. Zwar empfiehlt das Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) zwar einen Notfallvorrat von 10 Tagen an Wasser und Lebensmitteln und gibt mit einer Checkliste Empfehlungen ab, wie die nötigen Kalorien erreicht werden können. Ich finde aber, dass wir als kreative und erfinderische BürgerInnen wie die Kinder im Bild auch durchaus gestalterisch mit unserem Ernährungssystem umgehen können und sollten – und das auf kreative Art und Weise.

Dafür gibt es grundsätzlich viele verschiedene Wege. Hier Mal eine Auflistung von sechs Möglichkeiten auch in der Stadt mehr Selbstversorgung zu wagen:

  1. Züchte schmackhafte Speisepilze im Küchenschrank oder Keller/Dachboden
  2. Stelle dir ein Hochbeet auf den Balkon und pflanze darin an was dir am besten schmeckt!
  3. Stelle mit einer Wurmkiste deinen eigenen Dünger her und recycle deinen Biomüll.
  4. Besorge dir einen vertikalen Garten für dein Zuhause oder ziehe frische proteinreiche Sprossen auf deiner Fensterbank.
  5. Fermentiere oder koche saisonale und regionale Produkte in ausgezeichneter Qualität für den Winter ein.
  6. Nimm an einem Kurs für Permakultur teil und lerne noch viele weitere Möglichkeiten kennen.

Auch wenn man damit nicht auf die Kalorienzahl des BBK kommt, kann mehr Selbstversorgung in der Stadt eine nicht zu unterschätzende Ergänzung sein: Wenn viele Menschen in der Stadt unabhängiger von Supermärkten sind, kann sich die gesamte Ernährungsversorung besser an zukünftige Stresssituationen anpassen. Es bricht nicht von jetzt auf gleich eine absolut akute Krise aus, wenn wir alle ein wenig vorsorgen. Für mich ist die kreative und einfallsreiche Vorsorge auf jeden Fall auch eine kulinarische, aber auch neue gärtnerische Entdeckung die mir immer wieder viel Freude bereitet. Vorsorge muss also nicht den altbackenen Charme von Dosennahrung und Mangelernährung haben. Und wenn mehr Menschen sich mit dieser Art von Vorsorge beschäftigen sorgen wir dafür, dass alle im System davon profitieren.

Noch ein paar Worte zu den Hamsterkäufen rund ums Coronavirus

Sicherlich habt auch ihr die Hamsterkäufe rund um das Coronavirus mitbekommen. Vielleicht bist du auch eine*r der Leute, die für mehrere Wochen Lebensmittel eingekauft haben. Ich will hier niemanden dafür verurteilen für eine mögliche Krisensituation oder einen Versorungsengpass vorzusorgen. Ich will an dieser Stelle auch nicht beurteilen, ob durch das Corona-Virus möglicherweise ein Versorungsengpass auf uns zukommen könnte – die Erfahrungen aus China und Italien haben gezeigt, dass die Lebensmittelpreise zwar gestiegen sind (in der Provinz Hubei wo das Virus ausgebrochen ist um stattliche 20%) aber kein Versorgungsengprass gedroht hat. Auch weil die Regierung die Versorgung sichergestellt hat. Hamsterkäufe sind für mich aber immer eine recht kurzfristige Vorsorgemaßnahme auf eine akute Bedrohung, die immer mit Stress verbunden ist.

An dieser Stelle Frage ich mich: Warum denn stressen, wenn ich auch in ganz normalen Zeiten vorsorgen oder mich von Konserven unabhängiger machen kann? Ich fühle mich wesentlich entspannter, da ich weiß, dass ich mir mein eigenes Brot backen, Kartoffeln in meinem Garten anbauen und eigene Pilze in großen Mengen im Keller züchten kann. Und das ganz ohne Hamsterkäufe und dem späteren Ekel bei der Konservernnahrung (mal ehrlich: wer will das eigentlich im Alltag wirklich essen? Deshalb kaufen wir es ja im Alltag meist auch nicht), die wir dann ja auch leer machen müssen. Warum nicht auf die kulinarisch und gesundheitlich tollen Möglichkeiten der Selbstversorgung umsteigen und in guten Zeiten eine sinnvolle Ergänzung für die täglichen Mahlzeiten nutzen? Nur weil man versucht zu mehr Selbstversorgung zu gehen heißt es ja nicht, dass man gleich für die nächste Katastrophe plant. Letztlich nützt es der Allgemeinheit – denn wenn es wirklich mal darauf ankommen sollte, sind wir weniger von staatlicher Hilfe abhängig und damit autonomer als heute mit unseren Hamsterkäufen.

1 Kommentar zu „Resilienz – Was wir mit Permakultur aus der Corona-Krise lernen können“

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